Es gibt Menschen, die wollen gerne oder müssen unter dem Radar bleiben. Möglicherweise steht eine Flugreise in die USA an (Link) oder es gibt andere Gründe, möglicherweise auch privater Natur. Manchmal kommt dieser Umstand ziemlich „plötzlich“. Doch so einfach mal eben von der Bildfläche verschwinden, das ist ziemlich unmöglich.
Mein privater Freundeskreis ist sehr begrenzt. Menschen, mit denen ich alles austausche. Dazu gehören wahrhaft wenige, die meine Privatsphäre respektieren und sicherlich ab und an auch mit dem Kopf schütteln, oder mich kritisieren. Das müssen sie auch, es sind meine Freunde. Manch andere wollen oder wollten nicht verstehen, dass ich z.B. in meine Facebook Timeline nur wenige zulasse. Dazu gehört – leidlich – ab und an auch meine Vergangenheit. Manches ist davon schön, manches weniger, manches habe ich nie vergessen. Das Paradoxon ist, ich benötige eigentlich keine sozialen Medien, um mit meinen engen Freunden zu kommunizieren. Dennoch, Facebook ist für mich – zumindest in Ansätzen – eine Möglichkeit ein kleines Stückchen Freundeskreis auf meinen vielen Dienstreisen mitzunehmen.
Bittere Erkenntnis: Auf Facebook ist nichts sicher. Weder eine Gruppenzugehörigkeit noch Likes. Kommentare oder andere Dinge sind – auf mich bezogen – ziemlich schlüssig. Das kann man jetzt so deuten, wie man möchte – Oberflächlich gesehen bin ich links, liebe Katzen und Nastia, und ich mag manch andere Dinge nicht. Dabei darf es dann auch bleiben.
Ein paar APIs später, ein paar Bots und Scripte mit Facebooks gesprächiger Graph-Api vernünftig platziert, findet sich ein ganz anderes Bild von mir. Ein erschreckendes. Ich sehe, wie viele und vor allem welche Querverbindungen ich habe. Welche Datensätze über mich existieren. Sicher, ich nutze auch andere, soziale Netze. Auch mein Github ist so eine Sache, Xing, Twitter und viele andere Dienste. Die Kontrolle entgleitet mir zunehmend, obwohl ich meinte, zumindest in Ansätzen auf ein paar Prinzipien geachtet zu haben. Ein Trugschluss. Ich habe nichts unter Kontrolle.
In meinem Fall war es in manchen Medien zweckdienlich, relativ zeitnah auf Tauchstation zu gehen, dazu gehört auch Facebook. Ich bin z.B. zufrieden mit diesem Blog. Die Daten sind da, wo sie hingehören und ich habe zumindest rein illusorisch ein wenig Kontrolle darüber, sofern man die allgemeinen Eigenschaften des Netzes mal „“wegdenkt““. Das hier ist also das öffentliche Bild, was ich mir für meine „Öffentlichkeit“ wünsche. Nichts weiter. That’s it. Das Bild, welches vor allem Facebook von mir hat, das ist nicht das Bild, was ich wünsche. Die Schere im Kopf schlägt zu.
Nicht nur Querverbindungen – wie eingangs erwähnt – sind problematisch. Informationen laufen auch ab und an schonmal davon. Beispiel: Eine von meinen Rufnummern gehört nur in bestimmte Hände. Sie gehört definitiv nicht in die falschen Hände. Eine Unart, eine bodenlose Frechheit ist es, andere danach zu fragen, denn mich selbst. Doch das passiert täglich, und zwar vollautomatisiert.
Einwurf: Ich bin für jedermann öffentlich erreichbar – sichtbar in diesem Impressum.
Bekommst Du eine andere Kontaktform von mir, dann gehört sie in Deine Hände, nicht aber in die Hände von anderen. Sicher, Du selbst hast ja nichts zu verbergen? Falsch! Kontaktdaten weiterzugeben ist – grob gesagt – ein äußerst bedenkliches Thema, vermutlich jeder von Euch hat das schonmal gemacht. Um das Element von zuvor aufzugreifen: Meine Rufnummer befindet sich nicht nur im Facebook Freundefinder und wird über Whatsapp immer mal wieder angefragt, sie befindet sich auch in ganz anderen Datensätzen, die fleißig gehandelt werden. Nur ich bin daran nicht schuld, sondern Du. Warum?
Sehr deutlich: Sicher, Du hast die Facebook-Synchronisation Deines Adressbuchs in iOS nicht benutzt. Danke dafür. Danke auch dafür, dass Du auf Deinem gerooteten Android Programme unbekannter Herkunft ausführst, nur weil sie kostenlos waren. Geklaute Software auf Deiner Windows-Büchse und jedes nur erdenkliche Plugin inklusive uraltem Flash und Java in Deinem Browser? Na toll. Es interessiert Dich nämlich einen Scheiß, was mit meinem Datensatz passiert. Ist Dein Firmentelefon? Na wunderbar. Dein Arbeitgeber sollte verklagt werden. Hört sich jetzt zu krass an? Tja, ist es. Es liegt nur leider an Dir.
Ich will das nämlich nicht. Und vermutlich wollen das ein paar andere Deiner Freunde auch nicht, selbst wenn Du Dich einen Dreck darum scherst. Möglicherweise hängt sogar die körperliche Unversehrtheit einer bestimmten Person aus Deinem Freundeskreis davon ab. Noch mal: Es gibt auf diesem Planeten ab und an Menschen, die wollen oder müssen auf Tauchstation gehen. Nur Du hast es ihnen verwehrt. Weil Du der Meinung bist, „ach das bisschen Rufnummer und Emailadresse und so, wem soll das schon schaden“. Und dafür, dass Apps auf Deinem Telefon alles in die Welt posaunen, was es an Informationen über Deine Freunde und Dich gibt, ist ja nicht Deine Schuld. Du hast vermeintlich ja auch keine Möglichkeit, das zu ändern…
Nun ist es so, dass auch ich mit manchen Personen auf diesem Planeten auf manchen Kanälen nicht in Kontakt treten möchte. Das hat eben Gründe. Manche Menschen haben mich möglicherweise verletzt. Oder ich möchte ein bestimmtes Äußeres, z.B. einem Arbeitgeber oder Kunden von mir nicht zeigen.
Wie komme ich aus diesem Schlamassel wieder raus? Kurz gesagt gar nicht.
Zunächst aber will ich die Größe des Schlamassels definieren. Facebook hat eine Funktion, die es mir erlaubt, meine vermeintlich gesamten Daten herunterzuladen. Diese Funktion befindet sich in den Einstellungen von Facebook, direkt unter Allgemein.
Nun gut, die Server von Facebook brauchen – je nach „Größe des Datenhaufens“ – eine Weile, bis sie alle Daten zusammen haben und Dich über den anstehenden Download per Email informieren.
Hübsch aufbereitet in HTML-Form finde ich neben meinen Posts auch das, was die Werbetreibenden (Unter Ads) über mich wissen. Manches davon ist richtig. Ich habe – oberflächlich gesehen – auch keinerlei Probleme damit, dass ich als Zielgruppe in dieser Themenauswahl stehe.
Mehr als Problematisch sehe ich, dass Facebook über mich auch andere Punkte gedenkt zu wissen. Punkte, die in meinem Menschsein einfach nicht sein können. Und dort steht noch mehr. Es lohnt sich also, das, was Facebook über Dich zu wissen gedenkt, mal genauer zu sondieren.
Err – WTF? Wie konnte es dazu kommen? Ich lasse mich aufklären: Das Kritisieren von Posts reicht. Das Verweisen auf Seiten in vermeintlich privaten Gruppen, welche „möglicherweise“ löschpflichtig sind – denen aber Facebook aufgrund der nicht vorhandenen „Verstöße gegen Gemeinschaftsstandards“ nicht nachkommen kann – ist ebenfalls eine dieser Möglichkeiten. Private Chats mit Personen, welche ähnliche Flags besitzen.
Doch noch mehr fällt mir in meinen Daten auf. Facebook weiß aufgrund meines GPS-Moduls in meinem iPhone, wo ich mich befinde. So bekomme ich entweder Vorschläge für das Nachtleben oder fleißig Reklame für die neue Markthalle in Krefeld.
Mit den Daten, die Facebook über uns alle hat, können Sie tun und lassen, was sie wollen. Wir haben Sie verschenkt, ohne eine adäquate Gegenleistung dafür zu bekommen. Klar, Facebook kann mir das vermeintlich richtige Produkt bewerben. Die Käufer der Daten von Facebook können aber auch mit „zielgruppengerechter“ Werbung ganze Demokratien umstürzen oder politische Entscheidungen beeinflussen.
Dummerweise funktioniert das auch außerhalb von Facebook im Browser, z.B. wenn ich mich auf unterschiedlichen Seiten im Netz rumtreibe. Gottseidank bin ich nicht auch noch so blöd gewesen, Facebook’s SingleSignOn zu verwenden… Datenschutztechnisch ebenfalls absolut katastrophal. Für mich aber nicht deswegen ein NoGo, sondern weil ich public single sign on per se als Sicherheitsrisiko sehe. Das ist so eine meiner vielen Cloud-Phobien…
Lösungsansätze für Aluhüte:
Ich brauche also – um es überspitzt auszudrücken – nicht nur einen Tor-Browser, sondern neben einem Porno-Browser auch einen Facebook-Browser. Unterschiedliche Browser für unterschiedliche Zwecke zu benützen ist – um Verknüpfungen zu unterbinden – schonmal die erste Wahl. Mit Plugins bin ich da weitaus vorsichtiger. Mein Vertrauen hat in der Vergangenheit arg gelitten, ich nutze auch Ghostery nicht mehr. Der einzige Ad-Blocker, der für mich im Moment als „noch“ relativ sicher zu beurteilen – da komplett quelloffen – ist Ublock/Ublock Origin. Komplett aufgerüstet mit den richtigen Listen ist der relativ wirkungsvoll. Es gibt Derivate für die unterschiedlichsten Browser. Nebst 1Password befindet sich da also nichts mehr in meinen Browsern.
Erschreckender noch: Das ist alles nur die halbe Wahrheit. Denn bei Facebook kratzen wir selbst nur an der Oberfläche. Max Schrems geht der ganzen Sache schon seit Jahren auf den Grund (Link). Leider funktioniert seine App (Link) im Moment nicht, doch die Informationen, die Facebook rausrückt, die sind allemal erschreckend. Ich bin dankbar, dass er für uns streitet. Auch wenn die Zeit (Link) das anders sieht, für mich ist er mehr als nur Popcorn. Wir haben ihm einigen, sehr guten Wirbel zu verdanken – (Link).
Was ist zu tun?
Das (technisch) dümmste ist, Facebook-Konten zu schließen. Der Datensatz entgleitet der Kontrolle Deinerseits vollumfänglich. Viel besser ist es, sich mit dem Datensatz selbst zu beschäftigen, also mit der Frage – werde ich den wieder los? Antwort: Die Daten sind nie verschwunden, der direkte Zugriff darauf wird lediglich erschwert. Das ist doch schonmal was.
Auch positiv (für mich): Ich habe in der Vergangenheit Suchmaschinen den direkten Zugriff auf mein Profil verwehrt – Gottseidank.
Timeline?
Facebook selbst bietet keine Massenlöschfunktion. Im Moment gibt es nur recht wenige, halbwegs gut funktionierende Ansätze. Man könnte sich für das Löschflag mit der Graph-API auseinandersetzen. Doch da sich die Funktionalität gefühlt jeden Monat ändert, ist das alles andere als zielführend. Der normale Anwender kann im Moment (Stand 01/2017) nur zum Facebook Post Manager greifen, der z.B. als Chrome Extension verfügbar ist.
Je nach Anbindung ist das eine zeitintensive Sache. Dumm ist auch, dass die Facebook-$Cluster nicht immer miteinander sprechen. So hat man nach vermeintlich gutem Cleaning nach ein paar Wochen wieder Posts von anno drietinnepief im Aktivitätsprotokoll. Es ist also nachhaltige Pflege angesagt.
Hinzu kommt der Bereich //Werbeanzeigen, der ebenfalls ziemlich aufschlussreich ist. Ist Spotify ein Problem? Möglicherweise. Hier kann ich das unterbinden:
Doch nicht nur die Timeline ist ein Thema. Es gibt hunderte von Ecken, bei denen Facebook Zugriff auf meine Daten freigibt, dem muss ich natürlich zustimmen. So gilt es, die Apps zu sondieren und der Reihe nach rauszuschmeißen. Nicht nur das, Farmville, Geburtstags-Apps, Candy Crush und wie sie noch alle heißen sind ein Beleg für die Freizügigkeit Deiner Freunde, nicht aber von Dir, oder? Ich habe schon lange aufgegeben, denn Freunde wollen einfach nicht verstehen, dass die „Geburtstags-App“ alles andere, als hilfreich ist. Auch das Liken oder verknüpfen von Apps, weil es vermeintlich wieder etwas kostenloses gibt, scheint jedermann, außer Dir, völlig hirnfrei einzusetzen. Oh, doch nicht? Let’s see…
Fazit: Es ist quasi unmöglich, auf Tauchstation zu gehen. Aber man kann sich selbst ändern. Die Schere im Kopf ist da. Zumindest ist es im Moment noch legal, zu träumen…